Vermeidbare Fehler beim Einstieg in den digitalen Handel / E-Commerce

Was man von den klassischen Versandhändlern lernen kann

Alexander Mikula

 

Fehler 1: Wir sind digital, von den Print- oder klassischen Versendern kann man da doch nichts lernen!

Zugegeben, manch klassischer Versender hat schwerwiegende Fehler gemacht und ist daher nicht mehr am Markt aktiv. Das bedeutet jedoch nicht, dass hier nicht Jahrzehnte lang erprobte Methoden und Verfahren schlummern, die adaptiert auch im digitalen Versand helfen. Viele Digitale merken erst bei stark wachsendem Geschäft, dass sie Kernthemen der Steuerung klassischer Versandhändler nicht besetzt haben und beginnen dann unter Zeitdruck diese -meist suboptimal- aufzubauen.

Fehler 2: Distanzhandel ist distanziert!

Der strategische Fehler überhaupt, der mit Sicherheit fatale Folgen nach sich zieht. Der Versandhandel ist -betriebswirtschaftlich ausgedrückt- Distanzhandel, Handel über Distanz. Gemeint ist aber hier -und das ist existenziell- die RÄUMLICHE Distanz. Gerade in dieser Handelsform geht es so gar nicht distanziert zu.

Mit den Kunden wird einzeln, direkt und teilweise in Echtzeit kommuniziert. "Dialogmarketing" versuchte das besser auszudrücken. Und durch diesen Dialog zwischen Kunden und Unternehmen bilden sich Kenntnisse über den Kunden und dessen Bedürfnisse, wie in keiner anderen Handelsform.
Das ist alles andere als distanziert!

Nutzen Sie die Möglichkeiten, Ihre Kunden richtig gut kennen zu lernen. Zum Wohl Ihrer Kunden, denen Sie adäquate Beratung, Leistungen und Produkte bieten können und Ihrem Unternehmen, das davon seine Grundlage und Zukunftsperspektive sichert.

Fehler 3: Wir Digitalen denken in Umsatz, nicht in Nachfrage. Das ist doch old school!

Was ist denn jetzt richtig zur Steuerung auf der „obersten“ Ebene? Die einfache Antwort darauf: Beides. Die Nachfrage bildet den Ausgangspunkt, sie entsteht durch Ihr Werbebudget. Der Umsatz ist dagegen schon ein Ergebnis aus dieser Nachfrage, generiert durch verschiedene Geschäftsvorgänge.

Nehmen Sie an, 3 Kunden wurden durch eine Ihrer Werbebotschaften auf Sie aufmerksam und betreten Ihr Ladengeschäft. Ein Kunde kauft etwas und geht (Umsatz), 2 Kunden gehen ohne einzukaufen. Im Dialogmarketing würde man sagen, 3 Kunden waren präsent und hatten Bedarf (Nachfrage), 2 kauften nicht ein (Umsatzpotenzial ging verloren). Das erste Problem: für diese Beiden haben Sie Werbebudget „umsonst“ ausgegeben.

Kann man denn alle 3 Kunden zum Kauf bewegen? Vielleicht nicht. Aber was könnte der Händler daraus lernen, sofern er die Daten dafür hätte: Ein Kunde wurde 10 Minuten nicht bedient und ging deshalb, der andere Kunde wurde aus seiner Sicht schlecht beraten oder das Produkt erfüllte nicht all die gestellten Anforderungen.

Aus dieser Situation kann gelernt und Maßnahmen abgeleitet werden, um die Umsatzausschöpfung zu erhöhen. Beispielsweise: Flexibler Personaleinsatz, Erhöhung der Beratungskompetenz oder freundlichere Umgangsformen.

Durch Umsetzen geeigneter Maßnahmen steigt bei gleich hohem Werbebudget der Kundenbestand sowie das Potenzial, dass zufriedene Kunden zu Stammkunden werden und ihre Zufriedenheit weiter kommunizieren. Der Erfolg: Indirekt Neukunden-Akquisition durch Empfehlungsmarketing!

Fehler 4: Kunden akzeptieren keine Lieferzeit, alles muss sofort lieferbar sein!

Kunden möchten beim digitalen Kauf schnell beliefert werden. Nehmen wir das o.g. Beispiel und sagen, der gut bediente Kunde, der nicht gekauft hatte, wollte anstelle des roten Hemdes im Regal lieber das Hemd in grün. Da Sie es nicht vorrätig hatten, stand aber neben dem Stapel roter Hemden eine Blumenvase als Deko, die die mangelnde, sofortige Lieferbereitschaft kaschieren sollte.

Sie hätten anstelle der Vase aber auch ein Bild vom Hemd in grün platzieren können (das geht im Shop ebenso wie bei Abbildungen in Katalogen). Der Kunde fragt nach und Sie antworten: "Das habe ich gerade nicht im Laden (auf Lager). Wenn Sie einen Kaffee trinken möchten, laden wir Sie gerne dazu im Café nebenan ein. In einer Stunde haben wir das Produkt von einer anderen Filiale für Sie hier". Das wäre eine Lieferung mit Lieferzeit oder Nachlieferung. Das Beispiel zeigt: Eine gute Lieferperformance (gleich oder schnell) mit einer guten, offenen, korrekten Kommunikation trägt dazu bei, den höchstmöglichen Umsatz auszuschöpfen.

Und Umsatz heißt: Der Kunde hat seine Ware erhalten. Ein solcher Rückstand, eine Nachsendung oder schlicht: Auftragsbestand muss also nicht per se negativ sein. Die Lieferung sollte jedoch zeitnah und schnell erfolgen. Dabei ist es empfehlenswert, das Warenangebot entsprechend der Marktanforderungen differenziert zu steuern.

Fehler 5: Retouren gehören einfach zum Geschäft, da kann man nichts machen!

Retouren sind vielschichtig in ihrer Botschaft:

  1. Die Retoure ist eine Reklamation, die Ware ist beschädigt
  2. Die Retoure signalisiert einen Passform-Mangel, z. B. Hosen sind zu kurz
  3. Die Retoure erfolgt aufgrund von Farbabweichungen, das hellgrau ist weiß
  4. Die Retoure zeigt eine Unsicherheit bei der benötigten Größe, ich weiß nicht was ich nehmen soll
  5. Die Retoure ist eine Auswahl, ich möchte mich daheim beraten lassen

Alle dargestellten Gründe zeigen eines gemeinsam: Sofern man die Botschaft der Retoure und damit die Kundenreaktion erst nimmt, besteht hier die Möglichkeit der Kommunikation. Zum einen, um den Kunden Feedback zu geben „Danke für Ihre Information, die sehr wichtig für uns ist. Wir werden dies in unserer Produktentwicklung/Farbdarstellung/Größenberatung/Qualitätskontrolle beachten …“. Zum anderen bestehen hier Potenziale, die Retourenquote signifikant zu reduzieren.

Nicht wenige Händler bringt eine hohe oder steigende Retourenquote, selbst bei guter Kundenakzeptanz und gutem Bestelleingang, wirtschaftlich sehr in Bedrängnis. Im Extremfall ist sie ruinös!

Dabei verkennen manch E-Commerce-Unternehmen oder Versender den Hebeleffekt der Retourenkosten. Bei Betrachtung der unmittelbaren Retourenkosten sieht man die Rücksendung, Prüfung, Aufbereitung, Einlagerung etc., den logistischen Teil. Dieser macht in der Regel jedoch nur ¼ der gesamten Retourenkosten aus. ¾ des Effektes zeigt sich dagegen mittelbar, durch das um die Retouren reduzierte Umsatzniveau.

Sehen Sie daher Retouren als erfolgskritischen Faktor sowie als Potenzial mit Ihren Kunden zu sprechen, zu lernen und Ihre Produkte und Leistungen zu optimieren. Dadurch erhöhen sich die Kundenzufriedenheit, die Umsatzausschöpfung und Ihr Ergebnis erheblich.

 

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