ESG - Zusätzliche Reportingpflichten im Unternehmen
07.06.2023 | Artikel von Mischa Towfighi
ESG in wenigen Worten
Nicht zuletzt seit der Etablierung der neuen Bundesregierung, mit deutlichem Fokus auf dem Schutz der Umwelt, ist der Wunsch nach nachhaltigem Wirtschaften in der Breite der Gesellschaft angekommen. Dies artikuliert sich nicht nur in steigenden Energiepreisen, sondern auch in steigenden Anforderungen an die Berichterstattung aus den Unternehmen.
Was verbirgt sich hinter den drei Buchstaben, die zum allgemeinen Sprachgebrauch geworden sind? ESG steht für Environment, Safety und Governance. Diese Ziele sollen die Jahrhundertaufgabe der Klimarettung aufgreifen und auf die Unternehmenswelt herabbrechen, umsetzbar machen: Schutz der Umwelt, Einhaltung von Sicherheitsstandards und geeignete Unternehmensführung. Das große Stichwort lautet „Nachhaltigkeit“. Auf allen Ebenen.
Treiber für Nachhaltigkeit
Die Gründe, weshalb die Auseinandersetzung mit ESG unumgänglich ist, sind vielfältig. Die wichtigsten Anlässe sind:
- Rechtliche Vorgaben: der Gesetzgeber verstärkt seinen Druck durch den Beschluss klimagerechter Gesetze. Er folgt damit dem öffentlichen Druck und der Sorge um die Folgen einer allgemeinen Klimaerwärmung
- Öffentliche Meinung: folgt man der medialen Berichterstattung wird offenbar, dass zumindest einzelne Bevölkerungsgruppen eine deutlich intensivere Auseinandersetzung mit den Klimazielen erwartet und fordert. Unternehmen stehen in der öffentlichen Aufmerksamkeit und sind häufig gut beraten, den „Extra Meter“ zu gehen, der vom Gesetzgeber zwar nicht gefordert, in der öffentlichen Wahrnehmung aber gutiert wird
- Eigener Personalstamm: das Anwerben eigener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird nicht erst seit der Corona-Krise zunehmend schwierig. Um heute junge Talente mit hoher Selbstmotivation zu gewinnen bedarf es eines schlüssigen Nachhaltigkeitsverständnis in den Unternehmen
- Vorgaben in der Beschaffung: ESG wächst aufgrund des Lieferketten-Gesetzes in alle Unternehmensbereiche. Um durchgängig nachhaltige Umwelt-, Sicherheits- und Führungsstandards gewährleisten zu können, ist auch in den Beschaffungsketten auf die Standards zu prüfen. Hierbei ist zu beachten: auch ihr eigenes ist Bestandteil einer Beschaffungskette und hat seine ESG-Compliance nachzuweisen
- Finanzierungsquellen: Nachhaltigkeit macht vor der Mittelbeschaffung nicht halt. Im Gegenteil: bei einer langjährigen Finanzierung will der Finanzpartner sicherstellen, dass ein ESG-konformes und damit nachhaltiges Geschäftsmodell auch in Zukunft noch ausreichend finanzstark ist um die Schuldendeckungsfähigkeit zu gewährleisten
4 Etappen auf dem Weg zur Nachhaltigkeit
Nachdem eine Verankerung der Nachhaltigkeitszielsetzung auf strategischer Ebene erfolgt ist, sind folgende Schritte auf dem Weg zur Messung von Nachhaltigkeit zu gehen:
- Im ersten Schritt ist zu klären, welche Ziele sich ein Unternehmen setzt und wie diese zu erreichen sind. Hierbei werden alle unternehmerischen Abläufe auf ihre ESG-Relevanz untersucht und bewertet
- Darauf folgt im zweiten Schritt eine Evaluierung, welche alternativen Prozesse und / oder Technologien auf dem Weg zum ESG-Ziel unterstützen können. In manchen Fällen kann das zu erheblichen Eingriffen im Alltag der Unternehmen führen
- Schritt drei ist die Umsetzungsphase. Hier werden im Zeitablauf die neuen Technologien und / oder Prozesse in den Arbeitsalltag aufgenommen und integriert
- Um die Fortschritte auch dokumentieren zu können ist es von entscheidender Bedeutung geeignete Kennzahlen zu finden, die den ESG-Erfolg eines Unternehmens objektiv dokumentieren können. Dieser vierte Schritt begleitet die ersten drei Schritte und hat Relevanz über das Go-live eines neuen Prozesses oder einer neuen Maschine hinaus
Wird die strategische Verankerung unterlassen oder erfolgt sie nur unzureichend, besteht das Risiko der halbherzigen Umsetzung, da der Weg zum Green-Controlling mit Hürden wie Mess-Defiziten und (fachlicher) Überforderung einher gehen kann.
Es empfiehlt sich diese Schritte durch interne und externe Kommunikation der Nachhaltigkeitsausrichtung zu begleiten.
ESG-Berichterstattung
Wie bereits geschildert, ist die Dokumentation und Berichterstattung eine permanente Aufgabe, die den Unternehmen im Rahmen des Wandels zur Nachhaltigkeit und darüber hinausbegleitet.
Die EU hat mit der Corporate Social Responsibility Directive (CSRD) bereits erste Regeln zum „Green Controlling“ ins Leben gerufen, die Anforderungen an eine ESG-Berichterstattung stellen. Diese sind noch nicht in nationales Recht umgesetzt worden, obwohl erste (große) Unternehmen bereits verpflichtet sind, über ESG zu berichten und dieser Bericht durch den Abschlussprüfer zu bestätigen ist.
Aufgrund der (noch) fehlenden (eindeutigen) Berichtsvorgaben, neigen die Unternehmen das Thema für den Moment zu vernachlässigen. Dieser Ansatz ist jedoch nicht zielführend. Es gilt vielmehr die Zeit zu nutzen und entsprechendes Know-how aufzubauen. Hierbei sind die Kernaufgaben die strategische Verankerung des Nachhaltigkeitspostulats im Unternehmen sowie die Etablierung einer Kommunikation von ESG-Themen nach Innen und Außen.
Für den Moment ist es für das Unternehmen (und den Unternehmer) empfehlenswert, sich seiner Prozesse bewusst zu werden und die Klimaimplikationen zu dokumentieren. Dies ist eine kaufmännische Initiative, die aber erhebliche technische und umweltspezifische Implikationen hat. Experten gehen derzeit davon aus, dass die Zahl der ESG-Manager derer klassischer Controller künftig nicht nachstehen wird. Verfügt ein Unternehmen (noch) nicht über die entsprechende Expertise, ist das Hinzuziehen externer Experten mit technischem Nachhaltigkeits-Know-how ratsam.
Über welche Nachhaltigkeitsaspekte zu berichten sein wird, kann vielfältig sein und hängt auch von der Art des Unternehmens ab. Denkbar sind beispielsweise:
- umweltbezogene Nachhaltigkeitsziele
- Klimaschutz und Umgang mit Klimafolgen
- Energieeinsparung und Energieeffizienz
- Umwelt und Biodiversität
- Ressourcenschutz sowie entsprechende Überlegungen in der Lieferkette
- soziale Nachhaltigkeitsziele sind Themen wichtig wie
- Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz
- Personalentwicklung und Weiterbildung
- faire Entlohnung
- Tarifbindung und Mitbestimmung
- betriebliche Altersversorgung
- Diversität und Chancengleichheit
- Spenden und Sponsoring sowie
- Datenschutz
- allgemeine Governance-Themen
- Geschäftsethik
- Compliance (insbesondere Anti-Korruption) sowie
- Whistleblowing
Neben weiteren, selbst erarbeiteten Eigenkriterien, kann ein Blick in die Anforderungsliste von Stakeholdern hilfreich sein. Neben Kriterien von ausdrücklich „Sustainability Linked Loans“ haben verschiedene Bankengruppen bereits eigene Kriterien erarbeitet, die im Rahmen des regulären Ratings abgefragt und über ein ESG-Scoring-Modell evaluiert werden. Auch Kommunen fragen bereits umweltrelevante Kennzahlen in Unternehmen ab.
Dies ist nur ein oberflächlicher Einstieg in die Welt des ESG-Reportings, der aber bereits einen Eindruck hinsichtlich der zu erwartenden Komplexität bietet, die letztlich auch objektiv nachvollziehbar dokumentiert und durch den Abschlussprüfer prüfbar sein müssen.
Fazit
ESG und Nachhaltigkeit sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Die Notwendigkeit für nachhaltiges Wirtschaften wird vor dem Hintergrund der weltweiten Klimaveränderungen offenbar.
Auch wenn bis heute noch keine endgültige Festlegung für die ESG-Berichterstattung erfolgt ist, handeln Unternehmen klug, wenn sie sich bereits heute damit auseinandersetzen und Ressourcen und Know-how für diese kaufmännisch-technologische Aufgabe bereitstellen.
Gemäß den Vorstellungen der EU sollen für das Geschäftsjahr 2024 Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern ihren Nachhaltigkeitsbericht von ihrem Abschlussprüfer testieren lassen. Ab dem Geschäftsjahr 2025 sind bereits Unternehmen mit über 250 Mitarbeitern betroffen.
Wir empfehlen, die Zeit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Sprechen Sie uns an um eine Evaluation Ihrer Situation vorzunehmen. Unser kaufmännisches und technisches Expertenteam erhebt mit Ihnen den Status Quo, entwickelt Strategien und wird Sie bei der erfolgreichen Umsetzung unterstützen.
Wir machen Ihnen gerne einen individuellen Vorschlag.

Ihr Ansprechpartner Mischa Towfighi
Tel.: +49 (0) 6192 40 269 0
E-Mail: mischa.towfighi@anxo-consulting.com
Erfahren Sie mehr über Mischa Towfighi
Weitere spannende Artikel zu diesem Thema:
Unternehmenskrise - Ausprägungen und Formen (Teil 1): Stakeholder und Strategie