Die erfolgreiche Sanierung im Multi-Label Retail

Mit 8 Bausteine zurück zum Wachstum

 

03.05.2023 | Artikel von Jochen Haag

 

Der deutsche Multi-Label Handel leidet seit vielen Jahren an Ertragskraft. Neben den bekannten externen Faktoren, die eine allgemeine Kaufzurückhaltung und Rückgang der Frequenzen zur Folge hatten und haben, fehlt es oft an Differenzierung und Mehrwert für den Kunden.
 

Das Fachgeschäft, alles für jeden, mit der „Kompetenz alles für alle“ ist nicht mehr überlebensfähig

Das Business Model ist in vielen Fällen kaum oder überhaupt nicht definiert. Die definierte Strategie ist oft noch aus der Vor-Corona-Zeit und nicht an die heutige Situation angepasst. Die Selling Proposition für den Kunden existiert oft nicht. Der Einkauf hat keine klaren Vorgaben zum Sortiment und in der Auswahl der Lieferanten. Vielfalt statt Fokus dominiert.

Über die Jahre wurden bei der Entscheidung von neuen Standorten nach dem Prinzip Lage, Lage, Lage vorgegangen. Das Prinzip Hoffnung und Prestige (Flagship) waren dominierend. Beim Flächen-zuschnitt der Filiale wurden zu oft Kompromisse akzeptiert. In der Folge ist das Filialportfolio stark heterogen und oft überteuert angemietet. Eine effiziente Steuerung ist nahezu unmöglich. Die Kom-plexität steigt.

Die Mitarbeiter in der Zentrale als auch in den Filialen sind stark verunsichert und es fehlt an einer Orientierung. Online und Digitalisierung wurden von der „Stange“ gekauft und sind selten an die Situa-tion im Unternehmen und an das Marktumfeld angepasst.

Man kann das auch provokant das „Warenhaus Phänomen“ nennen.

Dabei gibt es viele mittelständische Händler und die Großen aus Spanien, Dänemark und Schweden, die uns zeigen, dass man mit Einzelhandel satte Gewinne erzielen kann. Wir zeigen Ihnen anhand von 8 Bausteinen, wie Ihr Unternehmen erfolgreich und nachhaltig saniert werden kann:


8 Bausteine für eine erfolgreiche Sanierung im Multi-Label Retail

 

1. Wettbewerbsfähige Strategie

Aus den Stärken und Chancen des Unternehmens wird eine marktfähige Strategie, gemeinsam mit Mitarbeitern und Stakeholdern, entwickelt und etabliert. Ein Vision-Mission-Statement wird beschrie-ben. Führungsleitbild und Bereichsmissionen werden definiert und kommuniziert. Maßnahmen werden abgeleitet und den Bereichen zugeordnet.


2. Selling Proposition (SP)

Aus dem Vision-Mission-Statement wird die SP ableitet. Der ursprünglichen Markenkern wird in die Zukunft transportiert. Die Ansprache Online, in der Filiale, das Sortiment, der Service und der Wohl-fühlfaktor in der Filiale, die perfekte Verbindung mit den digitalen Kanälen müssen beim Kunden an-kommen und einen Mehrwert generieren.


3. Rightsizing Filialportfolio

Das Filialportfolio wird auf Mietlaufzeiten und marktgerechte Mieten analysiert. Eine maßgeschneider-te Formatstrategie wird festgelegt und das Sortiment entsprechend anpasst. Die zu schließenden Filialen werden entweder in eine Bad Bank überführt oder abverhandelt.


4. Sortiments- und Lieferantenplanung

Die Prozesse Sortimentsentstehung und Re-Allokation werden definiert und umgesetzt. Die Sorti-mentsbreite nimmt ab, die Sortimentstiefe nimmt zu, Preislagen werden geprüft und Dynamic Pricing eingeführt. Somit können Abschriften reduziert und Lost Business vermieden werden. Durchschnitts-preis und Rohertrag steigen absolut.

Die Lieferung der Ware wird auf ein Concession-Modell umgestellt. Etablierung eines turnusmäßigen Austauschs zwischen Einkaufsabteilung und Lieferanten, um Verkaufszahlen und Bestandssituation zu besprechen.


5. Konsequente Kosteneinsparung

Die Kosten werden in allen Bereichen und in allen Kostenarten analysiert und auf Effizienz geprüft. Nicht umsatzrelevante Kosten und redundante Kosten werden konsequent reduziert. Die Strukturen werden de-komplexiert und das Working Capital reduziert. Der Break Even wird abgesenkt.
 

6. Kundenbindung / Big Data

Um den Frequenzrückgang zu kompensieren, wird eine Kundenkarte (App oder Karte) eingeführt. Die Kundenansprache über alle Kanäle wird personalisiert und stetig durchgeführt. Das strukturierte Sammeln von relevanten Kundendaten ist die Basis für systemgestützte Nutzung für Marketingzwe-cke.


7. Mitarbeiter

Die Qualität und die Verfügbarkeit der Mitarbeiter werden der zentrale Engpassfaktor für die Umset-zung aller Maßnahmen sein. Die Overheadstrukturen müssen auf Effizienz geprüft, die 2. FE muss aufgebaut und die Mitarbeiter in den Filialen müssen von nicht umsatzrelevanten Tätigkeiten befreit werden. Neue Arbeitszeitmodelle werden eingeführt. Die Verantwortung und Zuständigkeiten werden über die RACI-Matrix (Responsible, Accountable, Consulted, Informed) definiert.
 

8. Omnichannel

Der Umsatzanteil im Onlinebereich wird in den kommenden Jahren weiter steigen, das Marktplatzge-schäft wird eine zentrale Rolle darin einnehmen. Partner, Gebühren und Sortimente müssen sorgfältig getrackt werden. Die Supply Chain und die Prozesse in den Filialen müssen auf den wirtschaftlichen Prüfstand. Die Umsetzung muss auf die Bedürfnisse und den Möglichkeiten im Unternehmen maßge-schneidert sein.

 


Garanten bei der Umsetzung

1. Fortschrittscontrolling

Ein Change-Office gewährleistet über ein Fortschrittscontrolling die Umsetzung und gegebenenfalls Anpassung der definierten Maßnahmen. Zusätzlich werden Weekly Reviews zur operativen Überwa-chung des „Tagesgeschäfts“ durchgeführt.


2. Finanzcontrolling

Die Zahlungsfähigkeit und Manövrierfähigkeit müssen gewährleistet werden. Das Finanzcontrolling ist über die Installation eines Cash-Office in der Lage, Investitionen, Bestellorder, Lieferungen, Ausgaben eng zu überwachen. Der Verkauf nicht betriebsnotwendiger Assets sowie Anstreben von Sales- and Lease-Back-Lösungen muss, falls noch nicht geschehen geprüft werden.
 

3. Shareholder, Finanzielle Mittel

Die Sanierung kann nur durch einen starken Schulterschluss zwischen Management, Shareholder und den finanzierenden Banken gelingen. Die Intensivierung der Gespräche mit allen Stakeholdern ist Grundlage dies zu gewährleisten.
 

4. Fokus

Das Unternehmen befindet sich in einer existenzbedrohlichen Krise, die Bausteine sind ausreichend mit Hilfe des Managements definiert und die Umsetzung beschrieben.

Der Fahrplan steht, jetzt geht es um die Umsetzung. Dies gelingt nur wenn sich alle im Unternehmen darauf fokussieren und an „einem Strang“ ziehen.

 

 

Ihr Ansprechpartner Jochen Haag

Tel.: +49 (0) 6192 40 269 0
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