Chronotypen: Wann ist Ihre beste Zeit zum Arbeiten?

Immer agil und aktiv oder auch mal ruhige Zeiten?

Dagmar Strehlau

 

Immer schon erhielt ich von jungen Kollegen ein erschrecktes Nachfragen über unsere Arbeitszeiten, wenn sie von meinem Mann E-Mails erhielten, die um 23:30 Uhr in der Nacht oder auch um 4:30 Uhr am Morgen verfasst wurden. Nein - das sind nicht die normalen Arbeitszeiten der ANXO, sondern ent­sprechen dem Chronotypus meines Mannes. Er ist eigentlich (fast) zu jeder Uhrzeit fähig und bereit zu arbeiten. Damit entspricht er aber nicht der gängigen Norm.

Im Regelfalle haben wir unsere präferierten Zeiten zum Arbeiten und wie in vielen Dingen im Leben lassen sich hier „Typen“ feststellen. Bei den Zeit- oder auch „Chronotypen“ genannt, lassen sich Morgen-, Abend- und Mischtypen unterscheiden: der Morgentypus wird dabei als Lerche tituliert, der Abendtypus läuft wie leicht zu erraten ist, unter der Bezeichnung „Eule“.

 

Typ Lerche oder Typ Eule?

Morgentypen fällt es leicht früh aufzustehen und sie können sich auch zu dieser Zeit am besten kon­zentrieren und aktiv sein, im Gegenzug gehen sie gerne früh schlafen und reagieren relativ ungehalten, wenn sich die Schlafenszeit nach hinten verschiebt. Die Eulen wiederum stehen gerne spät auf, kommen im Laufe des Tages richtig in Fahrt und arbeiten auch gerne bis spät in die Nacht.

Die Einordnung in die verschiedenen Chronotypen verläuft unter Berücksichtigung verschiedener Rhythmen, die uns teilweise biologisch vorgegeben sind – dies ist die sogenannte „innere Uhr“ (oder auch zirkadiane Rhythmus genannt), die unterschiedliche Funktionen im Körper steuert und damit uns einen gewissen Tagesrhythmus vorgibt (angefangen von Hormonhaushalt, Körpertemperatur oder Blut­druck etc.). Andere Mechanismen kommen von außen, hier ist z.B. das Tageslicht zu nennen oder auch die sozialen und soziokulturellen Tagesrhythmen, die z.B. Arbeit, Essenszeiten, Hobbys etc. uns vorgeben.

 

Jeder Chronotyp hat seine Präferenzen

Diese innere Uhr ist keine Funkuhr, die einheitlich tickt. So wie wir in unserem Äußeren und in unserem Charakter sehr individuell sind, so ist dies auch mit unserer inneren Uhr. Daher kann man auch nur von Präferenzen in der bevorzugten Tageszeit sprechen. Interessant ist aber, dass diese Präferenz gene­tisch vorbestimmt ist und dass dieser zirkadiane Rhythmus sehr stark unsere Denk und Konzen­trationsfähigkeit beeinflusst. So hat jeder individuelle Hochphasen in der wir besonders gut uns Dinge merken können bzw. Zusammenhänge verstehen, als zu anderen Zeiten (Lindig, H., S. 26).

Die Mischtypen sind in der Bevölkerung am häufigsten vertreten, gefolgt von den Lerchen, das Schluss­licht bilden die Eulen. Diese Unterrepräsentanz bedeutet aber auch, dass viele der Eulen mit den eher „lerchenhaften“ Arbeitszeiten Probleme bekommen. Manche Forscher gehen sogar soweit von einem „sozialen Jetlag“ zu sprechen (Roenneberg, T.). Studienergebnisse weisen darauf hin, dass Chrono­typen und der Social Jetlag mit Unterschieden in den psychophysiologischen Stresssystemen, den Schlafeigenschaften und psychologischen Faktoren einhergehen. (Lozza, N., S. 66) Die nachtaktiven Eulen kämpfen im Regelfalle mit den zeitlichen Gesetzmäßigkeiten einer „Lerchengesellschaft“ und damit auch um ihren guten Ruf „fleißige Mitarbeiter“ zu sein.

 

Wann sind nun ideale Zeiten für wichtige Aufgabenstellungen?

Auf jeden Fall sollten man bei der Planung wichtiger Meetings oder kreativer Workshops den zirkadianen Rhythmus im Auge behalten. Den ganzen Tag Spitzenleistung zu erbringen ist zwar ein ehernes Ziel, aber schwer umzusetzen. Auch wenn der Wille und die Motivation da ist permanent Hochleistung zu bringen, unsere Innere Uhr rela­tiviert sehr schnell dieses hohe Ziel.

Gerade die Zeit nach dem Mittag ist eine absolute Tiefphase am Tag und es liegt nicht unbedingt am schweren Mittagessen, sondern dieses Mittagstief ist ein normalen Bestandteil unseres zirkadianen Rhythmus und erst nach 15 Uhr fangen wir wieder an auf „Hochtouren“ zu laufen und gewinnen die Fähigkeit zurück kreative oder kritische Prozesse zu durchdenken. Nach 18 Uhr senkt sich dieser Gipfel wieder und um 3:30 Uhr in der Nacht ist der absolute Tiefpunkt erreicht. (Barnes, C.) All dieses verschiebt sich immer um eine gewisse Zeitspanne bei Lerchen und Eulentypen, aber der Rhythmus an sich bleibt gleich.

Daher sollten Sie bei dem Ansetzen von wichtigen Meetings sehr wohl die Tageszeit beachten. Sie können wesentlich erfolgreichere und effizientere Meeting generieren, wenn diese nicht im Mittagstief angesiedelt sind. Aber dieser Zeitplan gilt auch grundsätzlich für alle von uns, auch in der eigenen Zeit­planung des Arbeitstages. Legen Sie schwierige Arbeiten, die eine hohe Konzentration oder auch Kreativität erfordern zu Ihren Hochzeiten an und planen Sie lieber mal ein Powernap ein, um wieder zu Kräften zu kommen.

 

Und jetzt etwas zum Ausprobieren:

Eine gute Übung um kurz Kraft zu tanken ist die Schlüsselbundübung. Probieren Sie es aus.

  • Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl.
  • Nehmen Sie nun einen Schlüsselbund zur Hand und setzen Sie sich ganz bequem hin.
  • Stützen Sie sich mit beiden Unterarmen stabil auf den Knien ab.
  • Verschränken Sie leicht die Fingerspitzen, sodass der Schlüsselbund leicht in den Handflächen liegen bleibt oder haken Sie den Schlüsselbund locker in einen Finger.
  • Sobald Sie kurz einnicken, fällt der Schlüsselbund zu Boden und Sie wachen wieder auf!
  • Mit zunehmender Schläfrigkeit entspannt sich der Körper sehr schnell, d.h. auch die Muskulatur verliert die Spannung und der Schlüssel fällt Ihnen dadurch aus der Hand.

 

Die Übung kann auch am Schreibtisch erfolgen:

  • Dazu setzen Sie sich bequem an den Schreibtisch, legen den Kopf auf Ihrem Arm (der auf dem Schreibtisch liegt…) oder einem Kissen ab.
  • In die andere Hand nehmen Sie einen Schlüsselbund und legen diese bequem auf Ihrem Knie ab und dann geht es weiter wie oben beschrieben…

 

Viel Erfolg!

 

Chronotyp und Persönlichkeit

Schaut man sich die Typologie genauer an, zeigt es sich, dass die Chronotypen Rückschlüsse auf Eigenschaften wie Persönlichkeit und Intelligenz ziehen lassen. Studien verdeutlichen, dass die Lerchen häufig eher introvertiert und weniger kreativ als die Abendtypen sind. Die Eulen sind eher extrovertiert, kreativ, gelten als eher unkonventionell und innovativ (ist Ihnen schon einmal aufgefallen wie viele aben­dliche und nächtliche Emails es von Werbeagenturen und sonstigen kreativen Köpfen gibt?), neigen aber auch eher zu Stimmungsschwankungen und Schlafproblemen. Abendtypen sind auch eher Raucher und haben einen erhöhten Koffeinverbrauch. Wobei hier auch ein Ursache-Wir­kungsphänomen zu beachten ist.

Muss ich als „Abendvogel“ den Gesetzmäßigkeiten meines Arbeitgebers bezüglich früher Arbeitszeiten folgen, versuche ich natürlich meine Müdigkeit durch Kaffeekonsum in den Griff zu bekommen. Auch Schlafstörungen treten beim Abendtypus häufiger auf, da er meist gegen den Strom mit seinen eigent­lich präferierten Schlafzeiten schwimmt. Interessanterweise ist so die Arbeitswoche für die Lerche im Allgemeinen leichter und einfacher zu gestalten, das Wochenende aber mit den Abendaktivitäten bringt sie aus dem Rhythmus, denn sie wird auch bei späten Bettzeiten morgens früh wach. Diese Rhythmus­verschiebung bereitet ihr hier große Schwierigkeiten. Auch ein Grund dafür, dass Lerchen meist größere Schwierigkeiten bei Schichtarbeitsplätzen haben.

 

Chronotypen verändern sich

Neben den äußeren Faktoren, die hier unsere innere Uhr mit beeinflussen, gibt es noch den Faktor des Alters, der sich sehr stark auf unsere morgendliche oder abendliche Präferenz auswirkt. Kleinen Kindern oder Grundschulkindern sind meist Early Birds – auch wenn sie eigentlich eher Nachteulen sind. Dies ändert sich meist dramatisch, wenn die Kinder zu Teenagern und jungen Erwachsenen werden, hier werden die Probleme immens, morgens früh aus dem Bett und pünktlich zur weiterführenden Schule oder zur Uni zu kommen. Häufig fällt es ihnen daher schwer sich richtig zu konzentrieren und aktiv am Unterricht zu beteiligen. Als Erwachsener und älterer Mensch wiederum werden wir langsam wieder zum Early Bird und stehen lieber wieder früh auf. Das heißt eine gewisse Verschiebung in der Chrono­typologie ist allein durch das Lebensalter gegeben.

 

Chronotyp und Leistung

Interessant ist der Zusammenhang zwischen Chronotypen, Intelligenz und akademischer Leistung. Aus Studien im Bereich der Chronotypologie zeigt sich die Tendenz bei den Abendtypen über ein hohes Arbeitsgedächtnis, höher Problemlösefähigkeit und ein besseres schlussfolgendes Denken zu verfügen. Im Ganzen zeigte es sich, dass die Tendenz zum Abendtypus zwar schwach, aber positiv mit Intelligenz korreliert (Hahn, Preckel & Spinath,). Allerdings zeigen über viele Studien hinweg die Abendtypen eine negative Korrelation mit den akademischen Leistungen.

Dies zeigt einen interessanten Zusammenhang mit dem oben beschriebenen Phänomen, welches gerade Jugendliche und junge Erwachsene betrifft. Die Schule beginnt meist sehr früh, die Abendtypen sind so noch eindeutig in der Schlafphase und nicht bereit sich zu konzentrieren. (Die Lerchen unter den Jugendlichen sind damit eindeutig im Vorteil, denn dies ist „ihre“ Zeit am Tag.) So kommt es leicht zu schlechten Schulnoten und –abschlüssen bei den Nachteulen, obwohl sie von der Intelligenzstruktur weitaus besser dastehen könnten. Dies ist gerade für Führungskräfte und Personalabteilungen ein wichtiger Hinweis, nicht von den Schulnoten automatisch auf das Potenzial eines Bewerbers zu schließen. Schon manch ein Bewerber, den man einlud, obwohl die Schul- oder Uninoten sich eher im unteren Mittelfeld bewegten, überraschte später mit einer exzellenten Leistung. Nachteulen werden da häufig unterschätzt.

 

Und welcher Typ sind Sie?

Wenn Sie selbst einmal herausfinden möchten, ob Sie eher ein Nachtvogel oder ein Early Bird sind, können Sie dies per Internet auf der Seite https://www.ifado.de/fragebogen-zum-chronotyp-d-meq/  oder über die Webseite des Leibniz Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund einmal versuchen.

Ein weiterer Test der sehr spannend ist, wurde von einem amerikanischen Schlafforscher konzipiert. Er geht noch ein Stück weiter und unterscheidet zwischen mehreren Tierarten bei den Chronotypen. Wenn es Sie also interessiert welches Tier Sie vom Zeittypus verkörpern, dann probieren Sie es aus: https://focus-arztsuche.de/magazin/gesundheitswissen/schlaf-welcher-chronotyp-nach-michael-breus.

Hier stellen Sie fest, ob Sie ein nachtaktiver Wolf sind, ein Löwe der schon früh am Morgen auf die Jagd geht, ein Delfin, der nur mit einer Gehirnhälfte schläft und mit der anderen permanent darüber wacht, ob ein Feind sich nähert oder ein Bär, der eigentlich recht effizient arbeitet, aber am meisten Schlaf braucht. (Breus, M.). Ein Interessanter Ansatz, der sich auch mit den Auswirkungen der richtigen Zeitein­teilung für die unterschiedlichen Chronotypen auf ein gesundes Schlafverhalten auseinandersetzt.

Vielleicht nochmal um kurz auf den Anfang des Artikels zurückzukommen: der Spitzname meines Man­nes bei der ANXO ist: „Leule“ und diesen Chronotypus würden wir gerne in die Aufzählung mit auf­nehmen, ohne ihn weiter zu kommentieren.

 

ANXO. Wir verändern Ihre Welt.

 

Quelle

[1] Vgl: Barnes, C.M. (25.2.2015): Ein Herz für Eulen und Lerchen. www.harvardbusinessmanager.de/blogs/wie-der-biorhythmus-die-produktivität-beeinflusst-a-1017822.html. Stand: 16.11.2019.
[2] Vgl: Breus, M. (2017): in: Bitte lass mich schlafen. Focus Magazin. Nr. 21.
[3] Vgl: Hahn, E.; Preckel, F. & Spinath, F.M.: Das Eule-Lerche-Prinzip- Report Psychologie (2011)
[4] Vgl: Dinich, J. (2003): Die Auswirkungen des Chronotypus auf Verhalten und Erleben über die Lebensspanne. www.researchgate.net/publication/37366787_Die_Auswirkungen_des_Chronotypus_auf_Verhalten_und_Erleben_uber_die_Lebensspanne
[5] Vgl: Dinich, J., Merrow, M.; Roenneberg, T. & Wittman, M. (2006): Social Jetlag: Mis-alignment of Biological and Social Time", Chronobiology International.
[6] Vgl: Lindig, H. (2017): Ausgewählte Aspekte der Neurowissenschaften und deren Einsatzmöglichkeiten im Marketing. Aus: Drees, N. (Hrsg.): Heft 53: Neuromarketing. Fachhochschule Erfurt. University of Applied Sciences.
[7] Vgl: Lozza, N: (2013): Schlaflos in Zürich – wenn das Studium „Eulen“ und „Lerchen“ den Schlaf raubt. Abstractband LiMaDoKo 2013. Universität Zürich.

 

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