Wer sattelt hier wen? Kann ich als Reiter mein Pferd die Arbeit satteln? Oder ist es vielleicht umgekehrt?

Mit anderen Worten: Wie viel Kontrolle habe ich über mich selbst?

Dagmar Strehlau

 

Die ToDo-Liste quillt über, eine Seite reicht schon lange nicht mehr aus, die Aufgabenliste im Outlook wird immer länger und die Erinnerungen an Emails, die noch beantwortet werden müssen, tauchen ständig auf dem Bildschirm auf. Man hat so viel zu tun – und fühlt sich wie gelähmt.

Die Menge an Arbeit blockiert uns – ist Ihnen ein solches Gefühl auch vertraut? Wir wissen was zu tun ist und wie wichtig es ist, konzentriert sowie kontrolliert die Berge abzuarbeiten – wenn wir nur den Anfang finden würden. Häufig beginnen wir dann mit vielen Dingen parallel und am Ende des Tages ist nichts abgearbeitet und erledigt.

Wie können wir hier den Tag unter Kontrolle bringen und ihm eine Struktur geben? Das Handwerkszeug hierzu kann man von zwei Seiten beisteuern. Zum einen von „außen“ von Seiten der Führungskraft, die dem Mitarbeiter in der Bewältigung der Aufgabenflut zu Seite steht.

Dabei ist nicht daran gedacht, dass die Führungskraft die Aufgaben übernimmt, sondern durch eine positive Kontrollfunktion hilft, die Aufgaben zu strukturieren und zu bündeln. Der andere Lösungsweg liegt in uns selbst, in unserem eigenen Weg uns zu kontrollieren und zu steuern.

Beginnen wir aber erst einmal mit der Aufgabe der Führungskraft. Hier ist die Aufgabenflut des Mitarbeiters zu steuern. Führung ist keine Anleitung zur „Unselbständigkeit“, sondern eine Unterstützung des selbst- und eigenständigen Arbeitens.

Nichtsdestotrotz gibt es im Arbeitsleben immer wieder Situationen oder Zeiten in denen die Aufgabenmenge überhandnimmt und die Führungskraft ihre Mitarbeiter durch eine positive Kontrolle unterstützen sollte.

Kontrolle heißt hier nicht, dass man morgens am Schreibtisch steht und genau kontrolliert, was am gestrigen Tag an Arbeit bewältigt wurde, sondern man übernimmt eher die Aufgabe eines zweiten Augenpaares, das mithilft, bei der Flut der Informationen und Aufgabenstellungen den Überblick nicht zu verlieren.

Hartmut Laufer hat diese Art der positiven Kontrolle in einem kurzen Regelwerk zusammengefasst:

  • Regel 1: Geeignete Kontrollart wählen
    Der Situation und dem Mitarbeiter angepasste Kontrollverfahren anwenden!
  • Regel 2: Kontrolle rechtzeitig vereinbaren
    Ansonsten könnte die Gefahr bestehen, dass der Mitarbeiter sich ertappt fühlt - auch wenn gar kein Grund dafür vorliegt.
  • Regel 3: Kontrolle begründen und erklären
    Nur so können Mitarbeiter die Kontrollen als gerecht empfinden und sie akzeptieren.
  • Regel 4: Nur Wichtiges kontrollieren
    Kontrolle sollte angemessen sein und nicht in Prinzipienreiterei ausarten. Wer sich selbständig handelnde Mitarbeiter wünscht, muss selbst bereit sein Risiken einzugehen. Undifferenzierte Kontrollen führen zu einer „Überkorrektheit“ und der Mitarbeiter wendet viel Zeit für „Minderwertiges“ auf, nur um möglichst viele positive Ergebnisse vorzuweisen.
  • Regel 5: Nicht nur nach Fehlern suchen
    Auch Normalergebnisse müssen anerkannt werden!
  • Regel 6: Konstruktive Fehlerkultur schaffen
    Ein Klima schaffen, in dem Fehler erlaubt sind und Mitarbeiter freiwillig sich dazu bekennen und helfen den Schaden zu begrenzen.

Grundsätzlich sollte man, wenn eine hohe Stressbelastung ansteht, schon im Vorfeld diese „Kontrollen“ abstimmen - so kommt es nicht zu Missverständnissen. Im Regelfalle ist jeder sehr froh, wenn er Unterstützung erhält und weiß, dass immer jemand mit auf die Ablaufpläne schaut.

Im Allgemeinen kennt dies jeder, der einmal in einem Projekt tätig war – der Projektleiter ist zwar nicht immer in seiner Kontrollfunktion beliebt, aber ohne ihn, der die Zeitabläufe steuert und koordiniert, wird kein Projekt rechtzeitig und zeitgerecht zu Ende geführt.

Was kann nun aber jeder selbst dafür tun, um der Arbeitsflut Herr zu werden? Je mehr Aufgaben man hat, umso häufiger reagieren viele Menschen mit einer völligen Blockade oder verzetteln sich bei vielen Dingen, die zwar angefangen, aber nicht richtig angegangen werden.

Hier gilt es sich richtig zu „sortieren“ und eine positive Selbstkontrolle auszuüben. Um eine wirksame Selbstkontrolle ausüben zu können, müssen wir unsere Hirnareale, die für Ablenkung sorgen, erst einmal unter Kontrolle bringen. Der Sozialpsychologe Wilhelm Hofmann hat hierzu eine sehr interessante Studie zur Impulskontrolle verfasst.

Im Regelfalle wissen wir genau, dass wir jetzt mit dieser Aufgabe beginnen müssen, um alle anderen an diesem Tag noch zeitgerecht erledigen zu können, nur lassen wir uns gerade dann sehr leicht von anderen Dingen ablenken und erledigen irgendwelche unwichtigen Dinge.

Schuld daran sind, wie an vielen Dingen, unterschiedliche Gehirnbereiche. Dort liegen zwei Systeme im Wettstreit miteinander: Das eine ist das impulsive System, welches vom limbischen oder mesolimbischen Bereich gesteuert wird und für die angenehmen Dinge im Leben steht – Ablenkung, Wohlfühlen, Befriedigung.

Das andere ist das reflektierende System. Hier ist der präfrontale Cortex aktiv, erfasst genaue Ziele, führt uns zu einem abwägenden Nachdenken und auch Bewerten und steuert unser Verhalten bewusst.

Im Berufsleben ist in arbeitsintensiven Zeiten der präfrontale Cortex mit seiner Steuerungsfunktion extrem wichtig. Wie schaffe ich es aber meinen limbischen Bereich mit dem stark impulsiven System unter Kontrolle zu halten?

Einige Tipps können Ihnen hier weiterhelfen (angelehnt an Wilhelm Hofmann):

 

  • Möglichst wenig Ablenkung schaffen, hier z.B. das ständige Erscheinen der Emails bei Outlook abschalten oder bewusst einmal für eine Stunde oder länger das automatische Senden/Empfangen abschalten.
  • Bewusst eine „Nachdenkzeit“ einplanen und dafür sorgen, dass man in dieser Zeit nicht gestört wird.
  • Ziele konkret definieren, formulieren und erreichbar herunterbrechen. Setzen Sie sich Tagesziele, die Sie auch am Abend durchstreichen können. Damit haben Sie auch ein Erfolgserlebnis, das Sie motiviert am nächsten Tag mit dieser Strategie weiterzumachen.

    Vergessen Sie auch nicht, dass erreichte Ziele Erfolgsfaktoren sind - diese stimulieren Sie positiv und erhöhen Ihr Selbstwertgefühl. Ein gutes Selbstwertgefühl wiederum bringt Ihnen Kraft und Energie.

    Also: formulieren Sie Ziele nicht zu allgemein, sondern greifbar, konkret und vor allem erreichbar.
  • Bleiben Sie leicht skeptisch. Dies führt zum Nachdenken und deaktiviert etwas die limbische Seite. Allerdings liegt die Betonung auf „leicht“, denn eine zu hohe Skepsis verführt dazu alles grundsätzlich in Frage zu stellen und damit blockieren wir uns selbst.
  • Kontrolle erfordert auch eine hohe Konzentrationsfähigkeit. Auch diese kann geübt und trainiert werden. Wichtig ist hierbei – planen Sie Pausen ein! Man kann noch so gut trainiert sein – irgendwann ermüdet jeder. Sind die Pausen eingeplant, vermeidet man sogenannte „Müdigkeitslöcher“, die längere Zeit andauern. Also immer wieder einmal kurze Pausen einplanen.

    Dies kann ein kurzer Spaziergang sein, eine Tasse Kaffee, die von einem netten kurzen Plausch mit einem Kollegen begleitet wird oder einfach nur mal ein Aufschauen vom PC und ein Blick aus dem Fenster.

    Erscheint Ihnen das banal? Ist es auch, aber häufig sind es Banalitäten, die uns in unserer täglichen Arbeit blockieren.

    Konzentration lässt sich übrigens auch gut mit Computerspielen erlernen. Ein recht gutes Programm ist „CogMed“ von Pearson Education. Sie können es auf www.spaceminespatrol.com auch selbst einmal kostenlos ausprobieren. Es ist sowohl für Erwachsene als auch Kinder anwendbar und macht sogar noch Spaß.

    Es gibt viele Computerspiele, die auch als Gehirnjogging bekannt sind, auch diese erhöhen die Konzentrationsfähigkeit. Mögen Sie lieber die Paperpencil Version – dann lösen Sie Sudokus oder andere Rätsel. Damit erzielen Sie einen ähnlichen Effekt.

    Aber auch die altbewährten Entspannungstechniken, wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, etc. wirken sich positiv auf die Konzentrationsfähigkeit aus. Ferner sind viele Sportarten hilfreich, da sie das Arbeitsgedächtnis verbessern.

Das Schöne bei allen diesen Punkten ist: Selbstkontrolle ist erlernbar und eine Sache der Übung. Probieren Sie die Hinweise einfach einmal aus. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der positiven Führungskontrolle und der erweiterten Selbstkontrolle.

Bleiben Sie in der aktiven Rolle!

 

ANXO. Wir verändern Ihre Welt.

 

Quellen

[1]  Vgl: Hofmann, W. et al: Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust. Psychologische und philosophische Erkenntnisse zum Konflikt zwischen Impuls und Selbstkontrolle. Psychologische Rundschau.
[2] Vgl: Kurz, S.: Konzentrier dich! Welt am Sonntag, 28.8.2011
[3] Vgl: Laufer, H.: 30 Minuten für mehr Mitarbeitervertrauen (2007), Gabal
Wirtschaftspsychologie aktuell, Ausgabe 2011

 

Ihre Ansprechpartnerin Dagmar Strehlau

Tel.: +49 (0)6192 40 269 0
E-Mail: dagmar.strehlau@anxo-consulting.com

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