EKAI - Warum der Einkauf (EK) sich neu erfinden muss und wie KI (AI) dabei hilft
25.07.2025 | Artikel von Jost H. Buthmann
Das Problem heute: Der Einkauf kommt kaum noch hinterher
Die Welt steht nicht still – sie schwankt. Lieferketten reißen, Preise schwanken im Stundentakt, ESG-Richtlinien wachsen schneller, als man sie dokumentieren kann. Und mittendrin: der Einkauf. Immer in Bewegung, immer unter Druck. Kaum eine andere Unternehmensfunktion muss in so kurzer Zeit auf so viele externe Störungen reagieren – und gleichzeitig langfristig strategisch agieren.
Doch genau das, und wir sehen es in Praxis, gelingt oft nicht mehr. Denn viele Einkaufsabteilungen arbeiten weiterhin mit Werkzeugen und Systemen, die für eine andere Zeit gemacht wurden: starr, linear, reaktiv. Die klassischen ERP-Systeme funktionieren zwar zuverlässig – aber sie sehen eben nicht, was morgen passiert. Und viele spezialisierte Einkaufslösungen sind entweder zu unflexibel oder zu teuer, um den heutigen Anforderungen und Budgets gerecht zu werden.
Warum das ein echtes Risiko ist – nicht nur für die Beschaffung
Was ich in der Praxis sehe: In dieser Situation geht es nicht mehr nur um Effizienz oder Kosteneinsparungen. Es geht um die Zukunftsfähigkeit ganzer Unternehmen. Denn der Einkauf ist längst nicht mehr nur „Besteller“, sondern Stabilitätsanker in globalen Liefernetzwerken, unseren Supply Nets.
Wenn der Einkauf nicht antizipieren kann, wenn er nicht rechtzeitig Alternativen erkennt, wenn er Risiken nicht voraussieht – dann leidet am Ende alles: Produktion, Logistik, Kundenbeziehungen und nicht zuletzt die Bilanz.
Wir stehen also vor einem Paradoxon: Die Erwartungen an die Beschaffung sind gestiegen – aber die Werkzeuge hinken hinterher
Die Lösung: KI als neuer Partner in Beschaffung und Supply Chain Management.
Ich selbst war lange skeptisch. Künstliche Intelligenz in / mit der Beschaffung? Das kennen und können wir doch auch so, oder? Inzwischen habe ich erkannt, welche Potenziale es mit der KI und dem Einkauf gibt und ich habe noch längst nicht alles durchdrungen.
Warum? Weil KI genau da hilft, wo unsere Systeme – und manchmal auch unsere Köpfe – an Grenzen stoßen. Sie analysiert riesige Mengen an Daten in Sekunden. Sie erkennt Muster und sie schlägt Handlungsoptionen vor, eben bevor eine Krise sichtbar wird oder sich entwickelt. Das bedeutet im Krisenfall einen echten Wettbewerbsvorteil zu schaffen. Denn, und auch das habe ich x-mal selbst erlebt, ist die Krise erst da, dann wissen es alle anderen auch und es geht nur noch um Schadensbegrenzung.
Was ich bisher bei der KI kennenlernen konnte:
- Berichtswesen schneller und besser aufbereiten
Früher haben wir Stunden gebraucht, um Monatsberichte zusammenzustellen: Excel-Dateien abgleichen, Texte formulieren, Zahlen kommentieren. Heute nutzen wir KI-gestützte Tools, die uns aus den Daten automatisch saubere, verständliche Berichte generieren – inklusive Textvorschlägen, Grafiken und Zusammenfassungen. Wir prüfen, passen an und sparen so enorm viel Zeit - Ausschreibungsunterlagen effizient erstellen
Gerade bei wiederkehrenden oder ähnlichen Ausschreibungen nutzen wir KI, um Texte, Anforderungen und Vergleichskriterien aus früheren Dokumenten neu zusammenzustellen. Statt bei null zu starten, haben wir eine solide, anpassbare Vorlage – rechtssicher und auf unsere Branche zugeschnitten - Vertrags- und Lieferantenkommunikation verbessern
E-Mails, Erinnerungen, Rückfragen zu Lieferzeiten, Prüfungen von AGBs: Vieles davon lässt sich heute mit KI unterstützen. KI schlägt Formulierungen vor, prüft Inhalte auf Lücken oder hilft uns bei der schnellen Einschätzung, ob ein Vertragsentwurf unseren Standards entspricht – besonders hilfreich, wenn keine eigene Rechtsabteilung greifbar ist - Prozessunterstützung im Alltag
Ob Bedarfsmeldung, Lieferantenbewertung oder Angebotsvergleich – viele interne Abläufe lassen sich durch KI strukturieren, beschleunigen oder sogar automatisieren. Nicht, indem man sie ersetzt, sondern indem die KI uns Hilfestellung bietet, Entscheidungen vorbereitet oder Vorarbeit leistet. Und das funktioniert auch ohne großes IT-Projekt, oft sogar in den Tools, die wir ohnehin nutzen (z. B. Microsoft 365, Teams, ERP-Erweiterungen u. a. mehr)
Das Entscheidende dabei: Die KI denkt vernetzt – so wie unser Einkauf längst arbeiten muss.
Denn wir bewegen uns nicht mehr in klassischen Lieferketten, sondern in komplexen Supply Nets, in denen alles mit allem verbunden ist. Das Supply Net verbindet die Beschaffungsaktivitäten untereinander nicht nur mit den Lieferanten, sondern auch mit diversen Stufen der Vorlieferanten. Die Abläufe und Aktionen werden vorher gemeinsam abgestimmt und festgelegt. Das ermöglicht in Krisensituationen eine schnellere, effektivere und gleichzeitige Reaktion aller Beteiligten. In einem solchen Netz braucht es Sichtbarkeit, Reaktionsfähigkeit – und intelligente, resiliente Steuerung. Genau das liefert die KI.
Die Auflösung: Warum das jetzt so relevant ist wie nie zuvor
Was bedeutet das alles? Ganz einfach: Wir stehen an einem Wendepunkt. Die Spielregeln für den Einkauf haben sich verändert – und wer sie nicht mitgestaltet, wird bald nicht mehr mitspielen.
KI bietet uns genau die Werkzeuge, die wir jetzt brauchen:
- Geschwindigkeit, wo früher Tage / Wochen nötig waren
- Vorhersage, wo früher Unsicherheit / Unwissenheit herrschte
- Smarte Intelligenz, wo früher starre Prozesse dominierten
Für mich persönlich bedeutet das: Ich sehe meinen Einkauf nicht mehr als reinen Kostenblock oder operativen internen Dienstleister. Ich sehe uns als Navigatoren in einer komplexen Welt, sprichwörtlich als die „Spinne im Netz“, die mit KI-Unterstützung vorausschauend handeln, Risiken abfedern und echten strategischen Mehrwert schaffen kann.
Mein Fazit und Credo: Der Einkauf kann mehr. Mit KI tut er es auch.
Wir müssen nicht länger warten, bis uns die nächste Krise überrollt. Wir können jetzt die Weichen stellen – für einen Einkauf, der nicht nur reagiert, sondern führt. Für ein Supply Net, das nicht zusammenbricht, sondern trägt. Und für eine neue Generation von Einkaufsentscheidern, die Daten als Partner verstehen – nicht als Belastung.
KI ist gekommen, um zu bleiben. Die Frage ist: Sind wir bereit, mit ihr zu gehen?
Wenn Sie diese Themen auch im Unternehmen wahrnehmen und angehen wollen, dann haben wir die Menschen und Methoden, die Werkzeuge und Instrumente, um gemeinsam Ihr Supply Net, das Beschaffungsmarketing und das Lieferantenmanagement nachhaltig und gezielt zu entwickeln.
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