Vertraue Deinem inneren Kompass

 

 

 

22.04.2020 | Artikel von Dr. Christian Kühl

 

Am Ostersonntag hat mich die E-Mail eines Geschäftsführers eines Startups an seine Kollegen erreicht, die mit einer derartigen Wucht, Aggressivität und Vorwürfen beladen war, dass bei mir alle Warnlampen ansprangen. Man konnte richtig die Wut der Kollegen spüren und war gespannt, wie diese Situation wohl ausgehen würde. Was ist dort über die Ostertage passiert, dass sich jemand als Führungskraft derartig gegenüber seinen Kollegen äußern kann?

 

Der "Gedrängefaktor"

Ich habe spontan an eine prägende Krisensituation in meinem eigenen Leben denken müssen und das Wort „Gedrängefaktor“ von meinem Vater kam mir wieder in den Sinn. In den Jahren 1978/79 durfte ich als Betroffener die Schneekatastrophe in Norddeutschland miterleben. Für 10 Tage war unser Hof von der Außenwelt abgeschnitten. Es gab keinen Strom, keine Heizung und kein fließendes Wasser. Das einzige Kommunikationsmittel war das Telefon. Die Lage auf dem Hof war kritisch. Ein Landarbeiter starb und musste in der Melkkammer aufgebahrt werden. Ein Raum wurde für 8 Familienmitglieder und einen Gast mit einem Holzofen geheizt, der auch zum Kochen genutzt wurde.

 

"Ich vertraue meinem inneren Kompass!"

Zusätzlich war mein Vater als Bürgermeister verantwortlich für das 4 km entfernte Dorf in der Nähe der Schlei. Sobald das Schneetreiben sich nach einigen Tagen gelegt hatte, ordnete er für das Dorf an, dass alle Männer mit Schaufel aus den Häusern kommen sollen, um die Dorfstraßen freizuräumen. Auf meine Sinnfrage antwortete er: „Denk an den Gedrängefaktor! Menschen sind es nicht gewohnt über lange Zeit zusammengedrängt zu leben und dann passieren Dinge, die man später sehr bereut, falls sie überhaupt noch rückgängig zu machen sind. Sie brauchen Führung und eine Aufgabe, auch wenn sie darüber schimpfen!“

Auf meine zweite Frage, wie er es denn selber in seiner Rolle und Verantwortung auf diese Idee gekommen sei, antwortet er mit: „Ich vertraue meinem inneren Kompass!“

Ostern und Weihnachten sind die Feste, an denen sich die Familien besonders intensiv zusammensetzen, diskutieren und auch miteinander auseinandersetzen. Für Psychologen bedeuten die Phasen vor und nach den Festen oft Hochkonjunktur.  Durch die diesjährige Ausgangssperre über diesen langen Zeitraum ist der engere Familienkreis zusätzlichen Stresssituationen ausgesetzt.

Wer einen eigenen Garten hat, kann das „Schaufeln“ für seine eigene Familie anordnen oder vorschlagen, doch wer in einer Etagenwohnung sitzt, kann auch mit „virtuellem Schaufeln“ dem Gedrängefaktor nicht entfliehen.

Doch wie steht es mit der eigenen Führungsrolle in der Familie und auch darüber hinaus in Verbindung mit den Kollegen und Mitarbeitern in der Firma, den Teams und den Projekten? Kalibriert mein innerer Kompass richtig im veränderten Kraftfeld der Corona Krise?

 

Vier Verhaltensmöglichkeiten und Maßnahmen

Es heißt so schön, in der Ruhe liegt die Kraft. Sollte die Kompassnadel eine eindeutige Richtung vorgeben, dann sollten vier Verhaltensmöglichkeiten mit ihren Maßnahmen und Aktionsschritten ausgelöst werden:

  1. Es fördert die Kooperationsbereitschaft:
    Die Mitglieder der Gruppe fühlen sich ermutigt und bauen engere und beidseitig zufriedenstellende Beziehungen auf.
     
  2. Es gibt ein bedeutendes Ziel:
    Es entsteht Begeisterung bei den Beteiligten für die Erreichung der Gruppenziele oder bei Erreichung hervorragender Leistungen.
     
  3. Es erleichtert den Arbeitsablauf:
    Durch Aktivitäten wie Tagesplanungen, feste Ablaufstrukturen und Bereitstellung von Ressourcen erfolgt eine gefühlte Effizienz- und Effektivitätssteigerung bei den Beteiligten
     
  4. Es wirkt unterstützend:
    Sie stärken den Selbstwert und die Bedeutung der Beteiligten.

 

 

Unsicherheit

Eine sich schnell drehende Kompassnadel gibt jedoch keinen Richtungshinweis, sondern bedeutet Unsicherheit in welche Richtung man sich wenden soll. In diesen Momenten ist es ratsam, wenn man an der Stelle verharrt und keine unüberlegten Schritte tut, nur weil andere Stimmen einem sagen: Du musst jetzt etwas tun, Du kannst doch nicht einfach inaktiv zusehen! Sollten Sie jedoch meinen in der Not irgendetwas tun zu müssen, dann lösen Sie damit möglicherweise genau die entgegengesetzten Richtungen der obigen Verhaltensformen aus. Der Geschäftsführer des Startups hätte anders handeln können, der Schaden ist angerichtet und er wird mit den Konsequenzen jetzt umgehen müssen.

 

Kann man seinen inneren Kompass oder seinen inneren Rat- und Richtungsgeber für einen erfolgreichen Einsatz im Gedränge oder in der Not finden oder entwickeln?

Es kommt darauf an, wir kennen alle Beispiele, in denen Einige in der Krise über sich selbst hinausgewachsen sind. Es gibt jedoch auch Bereiche in denen die Führungskräfte systematisch an derartige Bereiche herangeführt und ich kann Ihnen aus meinen Trainings mit Offizieren und Führungskräften in Sondersituationen vertrauensvoll mitteilen, dass jeder einen inneren Kompass hat und entwickeln kann. Für die Kalibrierung ist jedoch jeder als Führungskraft in der Situation eigenverantwortlich. 

 

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