Quo Vadis? Wie führe ich mich selbst durch die Krise?

 

 

 

26.03.2020 | Artikel von Dr. Christian Kühl

 

Die Krise ist ein besonderer Härtetest für die Qualität von Führung. Es ist natürlich viel angenehmer in Zeiten der Expansion Erfolge zu feiern, Boni auszuzahlen, Beförderungen auszusprechen oder weiteres Personal einzustellen. Doch in Krisen geht es anders zu. Harte und unpopuläre Entscheidungen sind zu treffen, Personal muss eventuell abgebaut werden und Zumutungen sowie mehr Belastungen sind zu verteilen. Oft bedeutet das für Führungskräfte die Abkehr von bisher erfolgreichen, sicherheitsspendenden und bewährten Gewohnheiten.

Viele Führungskräfte erleben in dieser Phase innere Widerstände, deren Überwindung sie viel Mut kostet, denn sie sollen Außerordentliches fordern, Unangenehmes durchsetzen und oft aus tiefem Herzen Ungewolltes entscheiden.

Es werden von Ihnen als Führungskraft Dinge gefordert, mit denen man sich systematisch unbeliebt machen, gleichzeitig sollen sie immer präsent und verständnisvoll sein, gleichzeitig aber für sich selbst keinerlei Verständnis oder gar Dankbarkeit erwarten. Überdies hinaus sollen sie kraftvoll und optimistisch wirken, Glaubwürdigkeit ausstrahlen und Vertrauen erwecken.

Dabei steht alles, was Sie in einer Krise tun unter ganz besonderer Beobachtung. Jeder Satz, jede Geste wird gedeutet und interpretiert. Das klingt mehr als anspruchsvoll.

Wie kann ich es als Führungskraft in krisenhaften Zeiten schaffen, diesen Anforderungen gerecht zu werden? Warum darf eine Führungskraft nicht auch besorgt sein, Angst zeigen und seinen Gefühlen der Unsicherheit freien Lauf lassen?

Führungskräfte sind auch nur Menschen und unterliegen den gleichen psychologischen Grundbedürfnissen wie alle Menschen.

 

Grafik zu den psychologischen Grundbedürfnissen

Abb. 1:  Psychologische Grundbedürfnisse (K. Grave (2004), Neuropsychotherapie, Göttingen: Hogrefe)

 

Jeder Mensch findet unterschiedliche Methoden und Wege, um diese Grundbedürfnisse zu befriedigen. Dabei kann er sich und sein Verhalten zum einen auf die Annäherung an Angestrebtes und Erwünschtes ausrichten und zum anderen aber auch auf die Vermeidung von Unerwünschtem, wie z.B. Bedrohung, Verletzung und Frustration.

Als Führungskraft habe ich mich angestrengt, diese Grundbedürfnisse für mich, die Mitarbeiter und die Firma zu befriedigen und jetzt kommt plötzlich eine Krise und die Grundpfeiler des Erfolgs werden mir.

Ich verliere plötzlich die Kontrolle über das Geschehen, das Marktgeschehen zeigt Werte, die mich verunsichern, die gesetzlichen Auflagen in der jetzigen Krise lösen die gewohnten Verbindungen zu Kunden, Mitarbeitern, Partnern und Lieferanten. Ich muss jetzt Dinge tun, auf die ich bisher keine Lust hatte und wieso habe ich die Krise eigentlich nicht kommen sehen? Habe ich als Führungskraft im Rahmen des Risikomanagements und der Vorsorgemaßnahmen versagt?

Je nach Stärke und Betroffenheit durch die aktuelle Krise kann es an allen Ecken und Kanten meines Selbstbewusstseins in meiner Rolle als Führungskraft und auch als Privatperson rütteln.

Zusätzlich können auch physiologische Grundbedürfnisse im Verlauf der Krise in Mitleidenschaft gezogen werden, wenn es um zu wenig Schlaf, Gesundheitsgefährdung durch Ansteckung und Stress geht.

Die Krise kann bei Fortsetzung der altbewährten Vorgehensweisen einer Führungskraft einen inneren Konflikt auslösen, weil der innere Kompass mit den neuen Umweltbedingungen noch nicht kalibriert werden konnte.

Mit diesem Phänomen sind Sie jedoch keineswegs allein. Sich den neuen Gegebenheiten offen zu stellen, bereit zu sein, ganz neue Wege zu gehen, kann ebenso hilfreich sein, wie sich mit Anderen in ähnlicher Lage auszutauschen.

 

Was können Sie tun?

Stufe 1: Die Krise ist eingetreten

  • Ziehen Sie sich für kurze Zeit in ihren eigenen „inneren Schutzraum“ zurück.
  • Analysieren Sie die neue Situation genau, was diese für Sie als Person und als Führungskraft bedeutet.
  • Welcher Ihrer Bedürfnisbereiche ist gerade besonders betroffen?
  • Klären Sie, ob Sie ähnliche Situationen schon erlebt haben und ob die damals gesammelten Erfahrung Ihnen weiterhelfen können. Was hat sich bewährt? Woraus haben Sie Hoffnung geschöpft?
  • Klären Sie, welche kurzfristigen Maßnahmen für Sie als Person notwendig sind, um diese Notlage zu stabilisieren.
  • Scheuen Sie sich nicht, in dieser Situation auch Rat und Unterstützung bei Anderen zu holen.

 

Stufe 2: Die Krise hält an

  • Die Krise hat das bisherige Marktgeschehen und die Marktregeln verändert.
  • Setzen Sie sich neue, sehr kurzfristige Ziele und richten Sie Ihre Bedürfnisse nach diesen Zielen neu aus. Neue Umstände und Veränderungen bedingen weitere Zielanpassungen.
  • Sie geben sich damit eine neue Orientierung und gewinnen wieder etwas mehr Kontrolle.
  • Akzeptieren Sie als Führungskraft und Person die momentane Phase als unausweichlich.
  • Es geht nun darum, diese Phase erfolgreich zu meistern. Ziehen Sie daraus Ihr Selbstbestätigung und gewinnen Sie zusätzlichen Lebenserfahrungen.
  • Belohnen Sie sich für das Erreichen von Zielen. Ein wertvolles Ziel wäre auch die Vermeidung von noch größeren Katastrophen.
  • Folgende sechs Grundsätze haben sich für diese herausfordernden Situationen bewährt:
    • Handle ergebnisorientiert!
    • Leiste einen Beitrag zum Ganzen!
    • Konzentriere Dich auf Weniges, dafür Wesentliches!
    • Nutze Deine vorhandene Stärken in Verbindung mit Deinen Mitmenschen!
    • Schaffe Dir eine innere Vertrauensbasis und strahle Hoffnung aus.
    • Denke positiv

 

Stufe 3: Die Krise ist überwunden

  • Überprüfen Sie permanent, wann es Anzeichen für ein Ende der Krise gibt.
  • Wenn Sie das Gefühl haben, dass es geschafft ist, dann sprechen Sie dieses deutlich aus.
     
  • Jetzt können Sie beginnen, die Marktlage neu einzuschätzen und aus dem Krisenmodus herunterzuschalten.
  • Es ist Zeit, sich für das Überstandene zu belohnen und den Neuanfang zu feiern.
  • Das Meistern einer Krise ist die höchste Schule einer Führungskraft und auch eine besondere Erfahrung für Sie als Person.
  • Nehmen Sie sich auch die Zeit, um über das Erlebte als Führungskraft und auch als Person zu reflektieren!
  • Fragen Sie sich: Was habe ich aus der Krise gelernt und was will ich für die Zukunft antizipieren?

 

Die Selbstführung als Führungskraft in normalen Geschäftssituationen verlangt schon eine gesunde Portion an Selbstreflektion, Lebenserfahrung und auch Mut, Disziplin sowie Ausdauer, doch in der Krisensituation werden diese Attribute in gesteigerter Form zum Einsatz kommen.

Mit einer gelingenden Selbstführung schaffe ich eine wichtige Grundvoraussetzung dafür, dass ich als Führungskraft auch mein Team und das Unternehmen führen kann.

 

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